Page 6 - Unsere Brücke / Juni 2024
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Dr. Johann Hintermaier
Bischofsvikar für Bil- dung, Kunst & Kultur
Was macht einen Gottesdienst zu einer ansprechenden Feier? Dazu gehören viele Faktoren und kein unwichtiger ist die Auslegung des Wortes Gottes in der Predigt. Bei der Predigt spricht ein kirchlich be- auftragter Mensch in einer liturgischen Feier über Gott und seine Bot- schaft zu Mitfeiernden und möchte damit etwas bewegen und nicht einfach informieren. Was braucht es, damit das gut gelingen kann?
Der persönliche Glaube
Die predigende Person muss in einem besonderen Nahverhältnis zur Botschaft Gottes stehen. Dazu gehört der persönliche Glaube, dass es Gott gibt und er im Leben und in der Welt wirken kann. Jeder Mensch glaubt anders. Man kann die eigenen Überzeugungen und Beispiele zwar als Anregung hinstellen, aber sie sind nie die allgemeine Norm. Ich bin bei Beispielen sehr zurückhaltend und spreche von meinem persönlichen Glauben und meinen ganz persönlichen Erfahrungen häufig in einer allgemeinen Weise und nicht in der ich-Form. Somit können sich die Mitfeiernden mit meinen Worten leichter identifizie- ren, weil ich mich nicht selbst ins Zentrum der Aufmerksamkeit stelle. Durch die Predigt sollen die Menschen in die Gottesbeziehung und nicht in die Beziehung zwischen predigender Person und Mitfeiernden hineingeführt werden. Man ist da „nur“ Mittelsperson.
Die fachliche Kompetenz
Wenn jemand den kirchlichen Auftrag zum Predigen erteilt bekommt, dann ist damit eine hohe Verantwortung verbunden. Zur Vorbereitung gehört unbedingt die fachliche Aufbereitung der Texte, über die man predigen will. Viele, die bei Wortgottesfeiern predigen, haben kein Studium und man wird es auch nicht verlangen können. Die Diözese Linz bietet besonders für ehrenamtliche Wortgottesdienstleiter:innen spezielle Seminare und Module an, die helfen, eine predigt umfassend vorzubereiten.
Für alle, die predigen, egal ob mit oder ohne Studium, ist es unerläss- lich, sich längere Zeit mit den Texten zu beschäftigen. Beim wieder- holten und häufigen Lesen der Texte – ich empfehle sehr, sie laut
zu lesen – fällt einem viel auf. Wenn man dann noch die Personen und Handlungsabläufe genauer betrachtet, ist man schnell und tief
in den Texten drinnen. Sie können dann für einen zur persönlichen Botschaft werden, die man dann weitergeben kann. Für mich ist die Predigtvorbereitung und das „Nachdenken“ immer auch die spirituelle Vertiefung für die Woche. Eine persönliche Vorbereitung der Texte
ist auch für alle unumgänglich, die als Lektor oder Lektorin die Texte beim Gottesdienst verkünden. Ich lege es allen sehr ans Herz, sich zu-
Predigt als Verkündigung