Page 12 - Unsere Brücke Dezember 2021
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 Mag.
Michael Münzner Regens
„Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben“ (Joh 10,10)
Gedanken zum christlichen Berufungsverständnis
Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich als Jugendlicher immer wieder mit Fragen wie „Was willst Du einmal werden?“ oder „Welchen Beruf möchtest Du ergreifen?“ konfrontiert war. - Zum einen musste ich mir selber diese Fragen insbesondere dann stellen, wenn es um Überlegungen ging, welche Schulausbildung ich machen möchte, zum anderen wurde diese Frage aber auch von meinen Eltern oder Personen, die ein Interesse an meinem Lebensweg zeigten, von außen an mich herangetragen. Mir ist die Antwort auf solche Fragen lange sehr schwer gefallen, insbesondere deshalb, weil meine Interessens- gebiete sehr breit gestreut waren (und auch heute noch sind) und es mir schwer gefallen ist, mich sehr frühzeitig auf ein bestimmtes Fach- gebiet zu konzentrieren. Nach meiner HTL-Matura bot mir der Prä- senzdienst beim Bundesheer genügend Zeit neuerlich und v.a. auch mit der nötigen Ernsthaftigkeit zu überlegen, was mir persönlich im Leben wichtig ist, wofür ich mich gerne einsetzen möchte, was Gott von mir will, welche Berufung ich spüre und wozu ich mich gerufen erfahre. So wagte ich es schließlich, mit dem Studium der Theologie zu beginnen. Im Laufe der Jahre klärte sich für mich auch die beruf- liche „Verwertbarkeit“ dieses Studiums. Mit der Zeit konnte ich mir doch vorstellen, als Priester Nachfolge Jesu zu leben.
Was macht christliche Berufung aus?
Der Apostel Paulus sagt im Epheserbrief, dass die Botschaft und das Leben Jesu bezeugen, dass wir von Ewigkeit her im schöpferischen Gedanken Gottes und aus Liebe gewollt sind und dass wir von Gott erwählt sind, zu ihm zu gelangen. (vgl. Eph 1,4.5)
Wir dürfen uns deshalb immer in Gottes bergender Hand wissen,
was auch geschehen mag. Und dies umfasst auch die Zusage ewigen Lebens, das Gott uns in seiner bedingungslosen Liebe schenken will. P. Josef Maureder fasst deshalb diese biblisch begründete Grund- einsicht menschlichen Daseins folgendermaßen zusammen: „Gottes Grundabsicht mit mir und meinem Leben ist gut, er ist ein ‚Freund des Lebens‘.“1 Und Gott will, so sagt es uns Jesus, dass wir volles Leben finden (vgl. Joh 10,10). „Dies ist die Grundberufung eines jeden Men- schen, zu der er allerdings in Freiheit Ja oder Nein sagen kann.“2
Wir sind also mitverantwortlich dafür, ob wir das Leben als Geschenk ansehen, ob wir Gottes Liebe bei uns ankommen und uns von seiner Hand tragen lassen, ob wir uns als Kinder Gottes erfahren und zu den Menschen werden, als die Gott uns von Ewigkeit her erdacht hat.
Wer einmal erkannt hat, dass er/sie von Gott ins Leben gerufen und zum Menschsein berufen ist, kann sich in Freiheit und Dankbarkeit
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