Page 19 - Unsere Brücke Dezember 2021
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Um was geht es? Wir spüren die vielen Ansprüche und Erwartungen an uns: von mir wichtigen Menschen (Eltern, Freunde, Vorbilder, Vorgesetzte), von der Gesellschaft, von der Kirche und Gott (Gebote, Vorgaben, Ruf), von mir selbst (richtig zu entscheiden, niemand zu enttäuschen). Das zeigt sich in Gedanken und in Gefühlen: Ängste können einen Entscheidungsprozess stoppen und verunmöglichen. Weiters merke ich Widersprüche verschieden-ster Art (Ich will nicht, was Gott will, obwohl ich doch will, was Gott will).
All das ist normal: So sind wir Menschen gebaut, und es hilft, dies ganz realistisch und liebevoll anzuerkennen und dem bewusst ins Auge zu schauen. Und es zeigt, dass vor einer Entscheidung die erste Aufgabe darin besteht, meine innere Freiheit zu erweitern. Ich kann Varianten und Möglichkeiten in Ruhe ansehen,
auch solche, die mir zunächst gar nicht behagen. Zum Beispiel kann ich eine zölibatäre oder eine eheliche Lebensform nicht von vornherein aus- schließen, sondern einmal bewusst in Erwägung ziehen. „Was Gott mit dir vorhat, dass musst du Aug in Aug mit ihm ausmachen“ (Edith Stein).
Hilfen zur Entscheidung hin
Wenn ich nicht nur um mich selbst in vielem Sin- nieren kreise, kann der Entscheidungsweg immer wieder neue Anregungen bekommen und voran- schreiten. Daher kann gut helfen: mein tägliches Gebet und Gespräch mit Jesus beständig weiterzu- führen, mir zeitweise etwas aufzuschreiben, stille Zeiten zu suchen, Exerzitien zu machen, mit vertrauensvollen Gesprächspartnern zu reden, eine/n geistliche/n Begleiter/in zu suchen...
Wichtig ist es auch, immer wieder den nächsten
Schritt zu setzen und auf die Entscheidung zuzugehen. Denn zwei halbe Entscheidungen ergeben noch keine ganze. Die tiefe Freude nach der Entscheidung, dass es „stimmig ist“, ist einerseits Bestätigung (von Gott), als auch Geschenk.
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“ Was verstehst du unter Berufung?
Die Lebensform und die Aufgabe, für die Gott mir Begeisterung und Fähigkeiten mitgegeben hat, sehe ich als meine Berufung. Ich verstehe darunter also nicht nur die Berufung zum gottgeweihten Leben, sondern auch die Berufung zu anderen Lebensformen oder Berufen. Es ist mein persönlicher Lebensweg, den ich im Dialog mit Gott, meiner Natur und den Lebensumständen finde.
Sr. Julia Gold
(Pastoralassistentin in
der Pfarre Wels­Herz Jesu)






















































































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