Page 6 - Unsere Brücke Dezember 2021
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 “ Was verstehst du unter Berufung?
Berufung heißt für mich, den eigenen Lebensweg gefunden zu haben und diesem auch mit einer gewissen Leichtigkeit folgen zu können. Die Berufung eines jeden einzelnen
ist sehr individuell, so wie die ihm mitgegebenen Talente sehr unter­ schiedlich sind.
Um sich seiner eigenen Berufung klar zu werden, bedarf es einer eingehenden Prüfung in Stille und Offenheit für Veränderungen. Be­ rufung hat für mich auch etwas mit innerer Sehnsucht zu tun, der man folgt. Die eigene Berufung gefunden zu haben, bedeutet für mich, etwas zu machen, wo ich einen gewissen Flow verspüre und Zeit und Raum verschwinden und unwichtig werden.
Berufung bedeutet für mich: Jemand ruft und ich gebe eine konkrete Ant­ wort darauf.
fr. Jakobus Sieberer-Kefer
(Benediktiner des Stiftes Kremsmünster)
  die Doppeldeutigkeit: Der physiognomische Be- fund einerseits und damit einher- und darüber hinausgehend die sinnbildliche Redeweise: Wir haben nicht nur ein Gesicht, sondern es kann auch darum gehen, „sein Gesicht zu wahren“ bzw. „sein Gesicht zu verlieren“. Damit sind Umstände angesprochen, die auf unsere Ver- pflichtungen, die wir eingegangen sind, zielen.
Diese Doppeldeutigkeit wird terminologisch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass zwi- schen hominitas und humanitas zu unterschei- den ist: Der Mensch ist einerseits in biolo- gischer Hinsicht der Gattung Mensch zugehörig – hominitas. Damit ist aber für uns Menschen noch nicht alles gesagt. Die Hinweise machten deutlich, dass Menschsein sich nicht in biolo- gischen Vollzügen erschöpft und nicht einfach von selbst geht. Menschsein ist auch Aufgabe
– humanitas. Ein Versuch, Glück zu fassen, mag vor diesem Hinter-
grund anregend sein: Glück ist, wenn man sich ohne Erschre- cken ins Gesicht sehen kann.
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